Sigismund Righini und die Kunstimporte in die Schweiz
Ausgangslage
Sigismund Righini amtete von 1921–1925 und 1935–1937 als Kunstgutachter für das Eidgenössische Departement des Innern (EDI). Er beurteilte die Kunstwerke, die Privatpersonen oder Galerien in die Schweiz importieren wollten und gab den Behörden ein Argumentarium für die Ablehnung oder Zulassung der Kunstwerke an die Hand. Die Überwachung der Kunstimporte ging auf einen von Righini angeregten Bundesratsbeschluss vom 15. Juli 1921 zurück, als im Nachgang des Ersten Weltkrieges die Situation der Schweizer Kunstschaffenden immer prekärer wurde. Mit dem «Bundesratsbeschluss betreffend die Beschränkung der Einfuhr von Kunstgegenständen» sollte der Kunstmarkt kontrolliert werden und durch die Erhebung von Zollgebühren auf ausländische Kunstimporte die Situation der Schweizer Künstler verbessert werden. Diese protektionistische Massnahme wurde per Bundesratsbeschluss vom 23. April 1935 noch einmal aktiviert. Righini amtete bis zu seinem Tod 1937 als Gutachter. Offiziell aufgehoben wurde die Einfuhrbewilligungspflicht für Kunstwerke aber erst 1954.
Quellenbestand
Sigismund Righini hat seine Gutachtertätigkeit in aufwändiger Kleinarbeit dokumentiert. Das EDI schickte ihm regelmässig Umschläge mit den zu bearbeitenden Gesuchen zu. Da er die Originalgesuche wieder an die Amtsstelle zurücksenden musste, fertigte er zwecks Nachvollziehbarkeit seiner Entscheide detaillierte Exzerpte dieser Gesuche an. Er hielt minutiös die Angaben fest zu den Gesuchstellern und Lieferanten der Bilder sowie die Eckdaten zu den zu importierenden Gemälden. Anhand der von den Gesuchstellern eingereichten Fotos fertige er sehr präzise Skizzen an. Dieses «Nachzeichnen» half ihm, die künstlerische Qualität eines Bildes nachzuvollziehen. Nach der Bearbeitung schickte Righini die Originalgesuche zusammen mit seinen Empfehlungen an das EDI zurück. Ein Teil der Umschläge mit Righinis Exzerpten sind im Archiv der Stiftung Righini-Fries überliefert. Leider ist die Überlieferung lückenhaft und bildet nur einen Teil des tatsächlichen Gesuchsvolumen ab. Dennoch ist diese Quelle bedeutsam. Recherchen im Bundesarchiv haben ergeben, dass die Kunstimporte in der fraglichen Zeit nur bruchstückhaft dokumentiert sind. Die Originalgesuche sind nach der damals geltenden Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren vernichtet worden. Die Dokumente im Besitz der Stiftung Righini-Fries stellen daher eine einzigartige Quelle dar. Sie werfen ein Schlaglicht auf den Kunsthandel in der Schweiz der 1930er Jahre und können der Provenienzforschung wertvolle Hinweise liefern.
Erschliessungsprojekt
Im Archiv der Stiftung Righini-Fries befinden sich aktuell 215 Originaldokumente; 10 stammen aus der Zeit von 1921 bis 1925 und die restlichen aus der Zeit von 1935 bis 1937. Aufgrund der Aktualität der Provenienzforschung in der Schweiz und international, war es der Stiftung Righini-Fries ein Anliegen, diese einmaligen Dokumente der Wissenschaft und der Forschung zur Verfügung zu stellen. Sie hat im Jahr 2020 mit finanzieller Unterstützung vom Bundesamt für Kultur (BAK) ein Forschungsprojekt lanciert mit dem Ziel, diese weitgehend unbekannten Quellen über eine Datenbank öffentlich zugänglich zu machen.
In einem ersten Schritt wurden die handschriftlichen Exzerpte auf den Umschlägen sowie die zugehörigen Entscheide des Gutachters Righini in dessen Briefkopierbänden transkribiert. Die aus den Transkriptionen gewonnen Informationen zu den Gesuchstellern, den eingeführten Werken und den gefällten Entscheiden wurden in einer eigens für das Projekt entwickelten Datenbank erfasst. Die Datenbank ist seit Ende Oktober 2023 aufgeschaltet und kann zu Recherchezwecken frei genutzt werden. Zurzeit laufen im Hintergrund noch Bereinigungsarbeiten. Wir sind gerne bereit, allfällige Recherchen beratend zu unterstützen und nehmen gerne auch Hinweise und Anregungen von Forschenden entgegen.
Datenbank Kunstimporte Sigismund Righini
Das Provenienzforschungsprojekt wurde grosszügig gefördert vom Bundesamt für Kultur (BAK).
Kontaktpersonen:
Dr. Kathrin Frauenfelder, frauenfelderrighini-fries.ch
Dr. Susanna Tschui, tschuirighini-fries.ch