Digitalisierung der Briefkopierbücher von Sigismund Righini
Ausgangslage
Neben seiner Malerei setzte sich Sigismund Righini für die Förderung von Schweizer Kunstschaffenden ein und engagierte sich in verschiedenen Künstlerorganisationen und Kommissionen. So war er zum Beispiel Präsident der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten (GSMBA) oder Mitinitiant der Unterstützungskasse für schweizerische bildende Künstler. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn mit dem Kunsthaus Zürich. Ab 1899 war er Mitglied der Ausstellungskommission und von 1918 bis zu seinem Tod Präsident derselben. In dieser Funktion organsierte und kuratierte Righini zahlreiche Ausstellungen. Von 1909–1937 war er zudem im Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft und prägte zusammen mit dem Direktor Wilhelm Wartmann massgeblich das Profil des Hauses. Durch seine Ämterfülle und Lobbyarbeit wurde Righini zu einer der mächtigsten Figuren im Schweizer Kunstbetrieb. Er stand in Kontakt mit zahlreichen namhaften Persönlichkeiten seiner Zeit. Davon zeugt eine einzigartige Quelle: Righinis gesamte Geschäftskorrespondenz von 1900 bis zu seinem Tod 1937 ist in 16 Bänden von Briefkopierbüchern überliefert. Diese Korrespondenzbände werden in der Kunsthausbibliothek Zürich aufbewahrt. Die lückenlos erhaltenen Briefkopierbücher bilden ein bedeutsames Zeugnis für Righinis umfangreiches und weitgespanntes Netzwerk. Zu seinen Korrespondenten zählten unter anderen die Bundesräte Edmund Schulthess und Philipp Etter, der Zürcher Stadtpräsident Emil Klöti, die Künstlerkollegen Burkhard Mangold, James Vibert, Abraham Hermanjat oder seine erste Lehrerin und Förderin, die Malerin Ottilie W. Roederstein.
Quellenkorpus
Sigismund Righini hatte die Gewohnheit, für alle seine handschriftlich verfassten Briefe Kopien anzulegen. Dazu benützte er manufakturmässig hergestellte und handelsübliche Briefkopierbücher im Format von 28 x 21 Zentimetern mit eingeprägter Deckelaufschrift «Copie de lettres» und dem Markennamen «Presto». Die Originalbriefe schrieb er mit einer speziellen Tinte, die länger flüssig blieb. Damit konnte er nach Anfertigung der Briefe eine Kopie erstellen, indem er diese mit einer Walze auf das dünne Papier in den «Copie de lettres»-Bänden einpresste. Um Platz und Papier zu sparen, «druckte» er oft mehrere Briefe auf eine Seite. Je nach dem Trocknungsgrad der Tinte und der Sorgfalt des Druckvorgangs ist die Qualität der Briefkopien unterschiedlich.
Insgesamt sind die Briefkopierbücher relativ gut erhalten geblieben. Sie müssen jedoch aufgrund ihrer Herstellungsweise als sehr fragil angesehen werden. Nicht nur reisst das dünne Seidenpapier leicht ein, das saugfähige Spezialpapier reagiert auch sehr empfindlich auf Schwankungen der Luftfeuchtigkeit, und die verwendeten Tinten gelten als ausgesprochen lichtempfindlich. Schon heute ist die Lesbarkeit vor allem durch das Ausbluten der Tinte beeinträchtigt.
Digitalisierungsprojekt
Zwecks langfristiger Sicherung dieser Originaldokumente und im Sinne der «Open-Access»-Strategie, wonach Primärquellen einfach zugänglich gemacht werden sollen, hat die Stiftung Righini-Fries zusammen mit der Kunsthausbibliothek im Jahr 2022 ein Projekt zur Digitalisierung der Korrespondenzbände realisiert. Die 16 Bände, die insgesamt rund 8000 Seiten umfassen wurden vom Digitalisierungszentrum der Zentralbibliothek Zürich vollständig eingescannt. Anschliessend wurden die Digitalisate aufbereitet und in die Archivsoftware der Kunsthausbibliothek integriert. Nun sind sie auf der Website digital.kunsthaus.ch vollständig einsehbar. Leider verfügen die Bände über kein Namensregister. Sie sind rein chronologisch aufgebaut. Längerfristig wäre es sicher ein Desiderat, diese Briefe nach den Empfängernamen zu inventarisieren und teilweise zu transkribieren. Dazu war die Digitalisierung ein erster wichtiger Schritt. Die Digitalisierung erlaubt es, die verblassten Stellen mit technischen Mitteln besser lesbar zu machen. Durch die Reproduktion werden die Briefe als Kopie gesichert. Die Originale können nun unter optimalen klimatischen Bedingungen im Archiv bleiben und sind vor Beschädigungen durch die Benutzung geschützt.
Die Geschäftskorrespondenz von Sigismund Righini steht für Forschungen zur Verfügung, namentlich im Bereich der Schweizer Kunst- und Kulturgeschichte, der Historischen Netzwerkforschung, der Schweizer Kunstpolitik und des Kunsthandels. Wir freuen uns, wenn die Briefe genutzt werden und sind auch gerne bereit, allfällige Forschungsvorhaben beratend und im offenen Austausch zu unterstützen.
Briefsammlung Kunsthaus Zürich: Geschäftskorrespondenz von Sigismund Righini
Das Digitalisierungsprojekt wurde grosszügig unterstützt durch: Minerva Kunststiftung
Kontaktperson: Dr. Susanna Tschui tschuirighini-fries.ch