
Planen Sie einen Spaziergang bei dem schönen Wetter dieser Tage? Dann nehmen Sie doch Marianne von Werefkins Bild gedanklich mit. Das Bild «Frühlingssonntag» hing 1912 in der Ausstellung der «Blauen Reiter».
Es zeigt einige Charakteristika von Werefkins Kunst: Die starke Farbigkeit; die Verwendung der Primärfarben Blau-Grün-Rot sowie der damals als Nicht-Farben geltenden Schwarz und Weiss; die Bewegung und die Tiefe, die durch die Krümmung des Flusses und des Weges evoziert werden und nicht zuletzt die Reihung der Figuren. Dieses strukturelle Prinzip einer rhythmischen Aufeinanderfolge von Figuren oder Elementen findet sich immer wieder in Werefkins Bildern und unterstreicht das Symbolhafte in ihren Darstellungen.
In der Figurenreihung schwingt auch eine soziale Komponente mit: Im Hintergrund sehen wir die Häuser, Fabriken und Kamine der Stadt rot leuchten. Die Menschen wollen am Sonntag dem Alltag entfliehen und begeben sich im Sonntagsstaat in die stadtnahe Natur zum Spaziergang. Und doch bleiben sie letztlich gefangen in den gesellschaftlichen Normen und Regeln, indem sie brav hintereinander im Gänsemarsch marschieren. Mit ihren Figurenketten versinnbildlicht Werefkin einerseits die Gleichförmigkeit des Lebens, andererseits auch die Bedeutung, die im Zusammengehen von Gruppen und Gemeinschaften liegt.