
Ein besonderer Charme der Bilder von Marianne von Werefkin liegt darin, dass sie etwas Narratives an sich haben. Sie haben oft einen erzählerischen Kern, den die Betrachtenden nach Belieben weiterspinnen können.
Die Überlegung, dass Werefkins Bilder eine Geschichte erzählen, brachte uns auf die Idee eines Schreibwettbewerbs. An der Langen Nacht der Zürcher Museen haben wir das Publikum gebeten, anhand des obigen Bildes ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und in einigen Sätzen eine Geschichte dazu zu erfinden. Die Beiträge wurden während der Nacht ausgestellt. Tatsächlich war der dafür reservierte Platz am Ende der Nacht mit einem Bouquet an originellen, poetischen, traurigen und absurden Geschichten gefüllt. An dieser Stelle ein grosser Dank an alle, die mitgemacht haben! Lesen Sie hier einige Kostproben:
«Wir befinden uns in einem zwielichtigen Quartier Veneziens. Die vier Brüder der Famiglia di Butzi bereiten sich für die internationale Pastaausstellung vor. Momentan führen sie eine hitzige Debatte darüber, wessen Pastavariation sie vorstellen sollten. Die beiden Favoriten sind Luigis Pappardelle, welche eine Länge von 12,83 Metern hat, oder Giovannis Tortellini in der Form einer lebensechten Galapagosschildkröte. Wer wird gewinnen? Und viel wichtiger, was passt in ihre Gondola?»
«Getaucht ins letzte Abendlicht stehen sie da, die Häuser von Pastamania und leise säuselt der Wind über das Wasser und durch die Gassen. Müde vom Tagwerk vertäuen die Fischer das Boot im Hafen. Welch stumme Fracht sie doch mit auf See hatten! Gedanken und Gefühle durchwogten ihre Sinne und verstörten sie. Bleiben, Gehen, der Sinn des Lebens, Verirrung, Verwirrung blieb zurück und folgte in die Stuben. Doch dann gab es Einsicht, Weitsicht, Klarheit im Selbst.»
«Vor etwa 100 Jahren gab es ein Verbrechen in der Stadt Fabrica di Pasta, wo es eine Nudelfabrik gab. Vier Männer aus der Stadt Nudelhausen versuchten, das Nudelgeschäft einzunehmen und deshalb sabotierten sie die Nudelfabrik unserer Stadt. Sie wurden von vier Matrosen entdeckt und es wurde entschieden, sie im Chemie verseuchten Fluss zu ertränken. Als Zeichen dafür wurden sie mit den Hüten zur Schau gestellt.»
«Die lange und beschwerliche Reise des Lebens endet in einem engen Bergtal. Nach einer letzten Mahlzeit im Elfenbeindorf machen sich die vier Toten auf den Weg über den Styx. Die Figur in Rot erhält als Fährmann den Obolus, die Dorfbewohner überprüfen den Kahn, damit er die letzte Reise gut übersteht.»
«Es gab einmal eine Fabrica di Pasta. Die Arbeiter mussten mit dem Ruderboot die frische Pasta auf die andere Seite vom See bringen. Da ging das Boot unter und nur vier Männer überlebten dank ihren grossen schwarzen Hüten, die sie an der Wasseroberfläche hielten.»
«Die vier Männer sind von den Bootsbauern dabei erwischt worden, wie sie eine Barke klauen wollten. Jetzt warten sie darauf, abgeführt und eingesperrt zu werden. Dabei wollten sie nur rausfahren aufs Meer, weil sie ihre Frauen suchen wollten. Die haben sie glauben lassen, sie seien aufs offene Meer hinaus. Doch das war eine Finte. Sie wollten die alten Griesgrame nur loswerden. Was ja auch geklappt hat.»
«Die vier Herren hatten riesen Hunger und wollten deshalb in die Pastafabrik einbrechen. Sie lösten jedoch dabei den Alarm aus und wurden verhaftet von der Pasta-Polizei. Ihre Reise per Boot geht nun direkt ins Gefängnis, Hauptspeise: Pasta.»