
Allein, in sich zusammengesunken unter einer unsichtbaren Last sitzt er da: der namenlose Gast im Buffet de la Gare Cornavin, den Hanny Fries mit anteilnehmendem Blick skizziert hat.
Schauplatz ist die Stadt Genf in den 1940er Jahren, mitten im Zweiten Weltkrieg. Die Bleistiftzeichnung ist Teil einer Serie von Café- und Bahnhofsszenen, die die junge Beaux-Arts-Absolventin in jenen Jahren geschaffen hat. Öffentliche Orte wie Cafés, Bahnhöfe oder Parkanlagen waren ihre liebsten Aufenthaltsorte, ihre Schule des Sehens sozusagen, nachdem sie den akademischen Unterricht hinter sich gelassen hatte. Sie beobachtete und zeichnete die Menschen, die dort verweilten: mal gedankenverloren über einem Glas sitzend, mal über eine Zeitung gebeugt, mal in ein Gespräch vertieft. Eine gewisse Verlorenheit und Verletzlichkeit des Einzelnen durchzieht als Grundton viele dieser Zeichnungen und kann als Verweis auf den Krieg, die äussere Bedrohung, die Zeit der Angst gelesen werden.
Wer ist der Namenlose – ein Geflüchteter, ein Internierter, ein an den Zeitläuften Verzweifelnder? Wir wissen es nicht. Er soll hier stellvertretend für das Schicksal derjenigen stehen, die heute unmittelbar von Krieg und Verfolgung betroffen sind. – Unsere Gedanken sind bei ihnen.