![Willy Fries: Ohne Titel [Stillleben mit Bananen und Zwetschgen], um 1922, Öl auf Karton, Inv.Nr. WF 254. Foto: Reto Pedrini © Stiftung Righini-Fries Zürich Willy Fries: Ohne Titel [Stillleben mit Bananen und Zwetschgen], um 1922, Öl auf Karton, Inv.Nr. WF 254. Foto: Reto Pedrini © Stiftung Righini-Fries Zürich](https://www.righini-fries.ch/wp-content/uploads/2021/10/WF_254-1024x686.jpg)
Unter dem Eindruck der niederländischen Altmeister des 17. Jahrhunderts hat Willy Fries die Stilllebenmalerei für sich entdeckt.
Ein sorgfältiges Arrangement der Gegenstände und eine naturgetreue Darstellung waren ihm wichtige Anliegen. Auf diesem Früchtestilleben rollen die Zwetschgen aus einer zerknitterten Papiertüte auf ein nachlässig hingeworfenes Tischtuch. Während sich bei den Altmeistern die Zitronenschalen in sublimer Drehung über die Tischkanten schlängelten, ziehen hier die gelben Bananen die Aufmerksamkeit auf sich. Eine liegt gefährlich nahe am Tischrand, sodass man sie schon fast fallen sieht. Dies erzeugt eine Spannung und dynamisiert das Bild gleichermassen. Im Hintergrund ist eine Vase platziert, deren Hals abgeschnitten ist, sodass man deren Inhalt nur erahnen kann. Die aufrechte Vase und die rosafarbene Sockelleiste im Hintergrund bringen Geradlinigkeit und Symmetrie in die Unordnung auf dem Tisch. Die feine Tonalität, die Plastizität der Objekte und eine in Szene gesetzte Nachlässigkeit machen das Stillleben zu einem wahren «Trompe-l’œil».
Trompe-l’œil – von frz. tromper «täuschen» und l’œil «Auge» – bedeutet «Augentäuschung» und bezeichnet eine illusionistische Kunst, die die Wahrnehmung herausfordert, indem sie zum Beispiel Dreidimensionalität vortäuscht. Der Begriff Trompe-l’œil wurde erstmals 1800 im Katalog des Pariser Salons für ein Gemälde von Louis-Léopold Boillys verwendet, welches eine Sammlung von Zeichnungen hinter einer scheinbar zerbrochenen Glasscheibe zeigt. Obwohl der Begriff Trompe-l’œil erst Anfang des 19. Jahrhunderts auftaucht, ist das Verfahren des Täuschens und Ent-Täuschens viel älter. Aus der Antike erhalten sind Wandmalereien mit Trompe-l’œils von Fenstern, Vorhängen und Dekorationsobjekten, ausserdem Bodenmosaike, die beispielsweise scheinbar unaufgeräumte Böden voller Essensreste zeigen. Mit der Wiederentdeckung der Perspektive und den wissenschaftlichen Forschungen im Bereich der Optik in der Renaissance, fanden Trompe-l’œils in der Malerei Verbreitung. Die holländischen Stilllebenmaler des 17. Jahrhunderts brachten die Trompe-l’œil-Technik zur Perfektion: Früchte, Glasscheiben oder drapierte Stoffe scheinen zum Greifen nah.
Die Augentäuschung spielt mit der Diskrepanz zwischen Wissen und Sehen. Heute im Zeitalter von Virtual Reality, Fake News und massenhaft geschönten Fotos sind wir mehr denn je gefordert, genau hinzuschauen. Was ist real? Und was ist nur eine Täuschung der Sinne?