
Was für eine sprechende Geste! Helmut Lohner als Hamlet tippt sich entgeistert an die Stirn. Beinahe meint man seine Worte zu vernehmen: «Die Welt ist aus den Fugen…»
Helmut Lohner, geboren 1933 in Wien, machte ursprünglich eine Lehre als Grafiker bevor er sich zum Schauspieler ausbilden liess. Sein Theaterdebüt gab er 1952 am Stadttheater Baden bei Wien. Von 1954 bis 1961 war er am Theater in der Josefstadt engagiert. Damit begann eine Theaterkarriere, die ihn an die Spitze des deutschsprachigen Theaters führte. Er wirkte an fast allen grossen deutschsprachigen Bühnen, unter anderem in Berlin, München und Hamburg. Kurt Hirschfeld engagierte ihn 1964 ans Schauspielhaus Zürich, wo er bis 1980 dem Ensemble angehörte. Er war ein wandlungsfähiger Darsteller, der in allen Genres und Rollen brillierte – vom shakespeareschen Königsdrama bis zur Boulevardkomödie. So sagte er denn auch: «Ein Boulevardstück muss so ernsthaft gespielt werden wie Tschechow. Nur dann wird es glaubhaft.»
In Zürich spielte er u.a. den Don Juan in Max Frischs «Don Juan oder die Liebe zur Geometrie» (1964), den Alfred in Horváths «Geschichten aus dem Wiener Wald» (1964), er gab Shakespeares Hamlet (1974) ebenso wie Richard III. (1974) oder den Bunting in der Uraufführung von Carl Zuckmayers «Rattenfänger» (1976). Sein facettenreiches, intensives Spiel, begeisterte das Publikum.
1982 wurde Lohner Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater und war in verschiedenen Film- und Fernsehrollen zu sehen. 1988 wurde er von der Zeitschrift «Theater heute» zum Schauspieler des Jahres gewählt. Von 1997 bis 2003 war er Direktor des Theaters an der Josefstadt. Wegen der ständigen Finanznöte des Hauses stand er fast immer auch selber auf der Bühne. Bis kurz vor seinem Tod spielte er die Rolle des Valmont in Heiner Müllers «Quartett». Helmut Lohner starb 2015 im Alter von 82 Jahren.
Quellen: srf.ch; tls.theaterwissenschaft.ch; hls-dhs-dss.ch