
Unter das Motto «Verflechtungen & Verbindungen» könnte man einige der in der NewKammer-Ausstellung gezeigten Werke stellen. Sie verbinden unterschiedliche Materialien, Textiltraditionen und/ oder Kulturräume.
In loser Folge stellen wir hier im Atelierblog die an der NewKammer-Ausstellung beteiligten Kunstschaffenden vor.

Mercedes Borgunska lässt flechtenartige Textilskulpturen an Wänden und aus den Ecken farbenfroh wuchern. Die Künstlerin greift die alte Technik des Teppichknüpfens auf und bedient sich dabei der modernen Technik des «Tufting» mit einer Tuftingpistole, einer tragbaren Nähmaschine. Dabei «schiesst» sie Garn in eine Leinwand und kreiert so verschiedene organische Textilflächen. Ihr Interesse gilt oft übersehenen, aber lebenswichtigen Pflanzen und Organismen. Bei ihren Recherchen stiess sie auf die faszinierende Vielfalt von Flechten.
«Aus Interesse an nicht-anthropozentrischen Lebensmodellen in Zeiten von Klima- und politischen Katastrophen bin ich daran interessiert, Hoffnungsträger zu finden. Diese Eigenschaft finde ich in Flechten. Aus ihren biologisch ungewöhnlichen Eigenschaften möchte ich etwas über Überlebens- und Koexistenzformen lernen. […] Die Elemente, die ich interessant finde, sind langsames Überwachsen, Transformationen, die Verflechtung von Arten.» borgunska

Der Künstler Andrea Francesco Todisco interessiert sich für Verbindungen unterschiedlicher Materialien und ihre Wandelbarkeit. Er experimentiert mit anorganischem Material, von dem man nicht erwartet, das es interagiert, etwa mit Keramik und Salz. Dazu füllt er verschiedene selbstgefertigte Keramikgefässe mit Salz und Wasser. Das Wasser fliesst und verdunstet, die Keramik wird vom Wasser durchdrungen und das Salz bildet filigrane Kristalle. Im Laufe der Ausstellung werden die Salzkristalle wachsen und ihre Form wird sich beständig verändern.
«Dies spiegelt eine Realität wider, die ständig im Fluss ist und in der sich alles gegenseitig beeinflusst.» andrea.f.todisco

Um Verflechtungen und Transferprozesse geht es im Werk von Jiaxi Han. Am Beispiel von indigo-gefärbter Batiktechnik untersucht sie, wie traditionelle Handwerkskunst tradiert und wie der interkulturelle Austausch funktioniert. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen ethnografischer Forschung und künstlerischer Praxis. Sie studierte die traditionellen Kleider und Herstellungstechniken der ethnischen Minderheit der Miao in ihrer Heimatstadt Guizhou in China. In der Schweiz stiess sie ebenfalls auf eine Tradition der Batiktechnik. So verband sie die Textilgeschichte der Schweiz mit derjenigen der Miao. Im 18. und 19. Jahrhundert produzierten die Textilunternehmen in der Schweiz exotische Stoffe, die orientalische Muster imitierten.
«Inspiriert von dieser Geschichte und der Tatsache, dass die Kommunikation zwischen Design und Verkauf damals auf Briefen basierte, schickte ich die klassischen Schweizer Glarner ‹Tüechli› zurück in meine Heimatstadt und bat die Frauen der ethnischen Minderheit der Miao, daraus Batik-Imitationen herzustellen. Am Ende erhielt ich ‹Tüechlis› in hybriden Stilen.» jiaxi.han

Rachel TonThat ist eine vietnamesisch-chinesisch-amerikanische Künstlerin und Autorin, die sich mit den Themen Zukunft, Erinnerung und Raum-Zeit beschäftigt. Ihre Arbeit verbindet angewandte Kunst und Konzeptkunst. Ihre Skulpturen und Gemälde sind in der Materialität und im Handwerk verwurzelt. Ausgehend von der chinesischen Kalligraphie-Tradition bemalt sie grosse Stoffbahnen aus Seide mit Tusche. Doch das fragile Material lässt die Zeichen verwischen, die Tuschefarbe zerfliesst zu nicht mehr entschlüsselbaren Formationen. racheltonthat