
Sigismund Righini war ein Arbeitstier, aber durchaus auch ein Genussmensch. Einem guten Tropfen Wein war er nicht abgeneigt.
Verschiedene seiner Weggefährten berichten von trinkfreudigen Diskussionsrunden im Hause Righini. So erinnert sich Augusto Giacometti (1877–1947) in einem Brief an einen Freund: «Er hat viel für uns getan und ich mochte ihn. Sonntags ging ich nach dem Mittagessen oft zu ihm. Wir diskutierten und tranken eine ganze Korbflasche Weisswein. ‹Trinke, es tut gut!›, pflegte er zu sagen. Und die Diskussion drehte sich stets um die Schweizer Kunst.» (zitiert in: Giacometti, 2022, S. 199)
Augusto Giacometti, ein Cousin zweiten Grades von Giovanni Giacometti, schuf in der Nachfolge des Jugendstils und des Symbolismus ein breites künstlerisches Œuvre und gilt als Wegbereiter der abstrakten Malerei. Besonders hervorgetan hat er sich als Erneuerer der Glasmalerei und des monumentalen Wandbilds. Er übernahm zahlreiche Aufträge für Fresken und Glasmalereien in öffentlichen Profan- und Sakralbauten in Zürich und Umgebung sowie in Graubünden.
In der grossen Überblicksschau zu Augusto Giacometti, die aktuell im Kunsthaus Aarau gezeigt wird, ist ein Raum dessen Netzwerk gewidmet. Augusto Giacometti war, ähnlich wie Righini, stark in der Kunstpolitik engagiert und in verschiedenen Gremien vertreten. So verwundert es nicht, dass in dem weitverzweigten Netzwerk, das an die Wand projiziert ist, der Name Sigismund Righini relativ prominent in der Mitte steht. Die beiden kannten sich über ihre Arbeit beim Berufsverband der Gesellschaft Schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten (GSMBA) sowie der Eidgenössischen Kunstkommission (EKK). Righini lobbyierte stets für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Schweizer Kunstschaffende. Den Auftrag für ein Wandgemälde im grossen Saal der Zürcher Börse hat Augusto Giacometti denn auch dank der Empfehlung von Righini erhalten.
Ausstellung «Augusto Giacometti. Freiheit – Auftrag» bis 20.5.2024 im Kunsthaus Aarau
Marco Giacometti: Augusto Giacometti. In einem förmlichen Farbentaumel, 2 Bde. Zürich: Scheidegger & Spiess, 2022.